Fahrradqualität
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Es gibt kaum Firmen oder Marken, die ausschließlich "schlechte" oder "gute" Fahrräder bauen. Die sogenannten Baumarkträder haben auch eine Existenzberechtigung, sonst wären sie längst vom Markt verschwunden. Auf dieser Seite unternehme ich den Versuch, einen Leitfaden für die Beurteilung der Qualität verschiedener Fahrräder bereitzustellen. Dies ist schwierig und natürlich subjektiv gefärbt. Anders als bei anderen Konsumgütern kann man beim Fahrrad weniger ausgeprägt vom Preis auf die Qualität schließen. Das Markenbewußtsein der Kunden wird ausgenutzt, um mit wenigen, aber deutlich sichtbaren hochwertigen Teilen (meist das Schaltwerk) ein hochwertiges Fahrrad zu suggerieren. Deshalb ein paar allgemeine Tips, worauf beim Fahrradkauf zu achten ist, wenn man selbst kein Spezialist ist:
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Das ideale Fahrrad
Die rechte Abbildung ist nicht ironisch gemeint!
Je nach Verwendungszweck sieht das ideale Fahrrad ganz verschieden aus. Der Rennfahrer hat ganz andere Anforderungen an ein Rennrad als jemand, der es als Statussymbol sucht.
Ein typisches Bahnhofsrad wie auf dem Bild kann sehr sinnvoll sein - uninteressant für Diebe, weil nicht "schick" - und damit kann solch ein Fahrrad auch tagelang am Bahnhof Bad Freienwalde (Brandenburg) rumstehen, ohne daß es Diebe interessiert. Zwei halbwegs passable Schlösser, unattraktives Aussehen, Rost überall - damit ist man fast sicher, daß das Rad auch noch da steht, wenn man mal ne halbe Woche nicht anwesend ist.
Unter der Tüte ist ein Kernledersattel, der Korb hinten und der viele Rost halten Diebe ab - aber das Rad aus den frühen 60er Jahren ist nicht schlecht! Es ist ein ideales Bahnhofsrad!
Rennräder
Die Einordnung ist hier recht einfach.
Im Normalfall kann man von der Qualität der verbauten Komponenten auf Qualität und Preis schließen.
Fette Aluminiumrahmen und abfallende Oberrohre waren eine recht kurze Modeerscheinung und stellen das unterste Preissegment dar.
Karbongabeln sind fast Standard, Karbonrahmen hingegen stellen oft die obere Grenze des Preissegments dar.
Gemuffte Stahlrahmen findet man kaum noch, sie sind noch teurer, leichter und steifer als Karbonräder.
Eine Ausnahme sind hier Billigimporte aus Osteuropa - diese kann man an den Muffen identifizieren, sie sind fast glatt, weit weniger aufwendig und verziert als Muffen von de Rosa, Vitus oder Columbus.
Tourenrad / Hollandrad
Diese Räder machen eine qualitative Einordnung einfach.
Fahrräder ohne Schaltung taugen meist nicht viel, je wertvoller die Schaltung, umso besser ist auch das Rad.
Abweichungen von dieser Regel sind sehr selten. Auch der Sattel ist recht aussagefähig. Plastegurken mit Gel findet man an Baumarkträdern, Kernleder nur auf guten Rädern der gehobenen Preisklasse.
Das Gewicht der Anbauteile wie Gepäckträger, Schutzbleche usw. ist nicht zwingend auf Leichtbau sondern Langlebigkeit ausgelegt, hier also keine falschen Schlüsse ziehen!
Gute Hollandräder, die weit über 1.000 Euro kosten, können durchaus lackierte Stahlfelgen oder verchromte Withworth- Felgen haben.
Reiseräder
Dies ist ein schwerer Fall - im übertragenen wie im wörtlichen Sinne...
Echte Reiseräder sind äußerst selten und teuer. Es gibt eigentlich nur gemuffte Stahlrahmen, alles Andere sind Kompromisse, meist umgebaute Cross/Trecking/Rennräder.
Wenn das Rad Ösen für einen 3. Flaschenhalter unter dem Unterrohr hat, kann man gewiß sein, daß sich der Rahmenhersteller zumindest Gedanken gemacht hat. Es ist aber kein Garant für ein echtes Reiserad.
Gewicht ist unwichtig. In diesem Segment sind die Mogelpackungen oft leichter als die ehrlichen Räder.
Bei den Komponenten ist Vorsicht angesagt. Wenn Spitzengruppen verbaut sind, ist dies nicht unbedingt wirklich als Reiserad brauchbar sondern wurde als Statussymbol gebaut. Spitzenkomponenten sind für den harten Einsatz zu empfindlich, weil sie auf Leichtbau ausgelegt sind. Eine Ausnahme ist hier die Rohloff Speedhub 500/14.
Die Anzahl der nötigen (oder unnötigen) Anlötteile am Rahmen sagt ziemlich zuverlässig aus, ob man ein Reiserad vor sich hat. Je mehr, umso besser.
Mountainbikes
Von Herstellern und Händlern wird hier ganz bewußt auf das meist jugendliche Zielpublikum Einfluß genommen.
Übertriebenes Markenbewußtsein führt zu häufig anzutreffenden Mogelpackungen, bei denen eine teure Schaltung und ein auffälliger Rahmen mit minderwertigen Komponenten bunt gemixt wird.
Richtig gute Räder bauen auf Understatement. So ist die zentrale Federgabel bei Cannondale auf den ersten Blick garnicht erkennbar, gleiches gilt für vollgefederte Rahmen.
Exotische Rahmenformen und überstarke Rohrdimensionen gehen immer einher mit Gewichtserhöhung.
Äußerlich ist es manchmal schwer, die Qualität eines MTB zuverlässig zu bestimmen, besonders im mittleren Preissektor.
Die Qualität von Naben, Innenlager und Steuersatz ist fast immer proportional zur Qualität des gesamten Rades.
Die besten (und teuersten) Mountainbikes sind filigran, unauffällig und nie sehr bunt.
City-/Trekking-/Crossrad
Hier ist ähnliches zu bemerken wie bei Mountainbikes.
Nur sind die Mogelpackungen weniger ausgeprägt, XT und SIS werden bei diesen Rädern nicht vermischt.
Da das Zielpublikum etwas älter als das der Mountainbikes ist, werden hier recht ehrliche Fahrräder angeboten, deren Zusammenstellung der Komponenten einigermaßen logisch erscheint.
Die unscheinbarsten Räder sind auch hier meist die besten.
So gut wie jeder Hersteller hat diese Räder im mittleren bis oberen Preissegment im Angebot, sehr oft werden identische Rahmen anders lackiert und bestückt als anderes Modell ausgegeben.
Oftmals werden Rennrahmen der untersten Kategorie leicht modifiziert für diese Art Räder benutzt.
Man sollte bei der Beurteilung sehr genau auf Kleinigkeiten achten. Sind Schutzblechösen vorhanden, obwohl das Rad keine Schutzbleche hat? Hat der Rahmen eine Hinterbaubrücke für Rennbremse?
Fußnoten
Weiterführende Links